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Heute zu Gast, Lukas Korn, Master-Student an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. In vollen Zügen seiner Thesis rund um das Thema Stressprävention wird er berichten über Hintergründe, Herausforderungen und die Relevanz des Themas.
F: Hallo Lukas, gib uns gern einen kurzen Einstieg um zu verstehen, an welcher großartigen Sache du da gerade dran bist. An welcher Fakultät studierst du genau, wie lautet das Thema deiner Thesis und wie bist du überhaupt zu dem Entschluss gekommen, genau in diesem Feld zu forschen?
A: Ich freue mich sehr über eure Einladung. Ich studiere Psychologie im Schwerpunkt Arbeit, Bildung und Gesellschaft an der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften. Meine Masterthesis beschäftigt sich mit Stressprävention in der Prüfungsphase. Dafür möchte ich ein bereits bewährtes Stresspräventionsprogramm namens „Einfach weniger Stress“ auf seine Wirksamkeit im Kontext des Studiums untersuchen. Zu dem Entschluss, Stress zu erforschen, bin ich durch meine Bachelorarbeit gekommen: In dieser habe ich mich mit neurowissenschaftlicher Grundlagenforschung beschäftigt. Dabei stellte ich fest, dass ich mich mehr in der Anwendung und ihrer Beforschung sehe. Da ich weiß, wie stressig das Studium sein kann, habe ich beschlossen, etwas wie ich finde, sehr sinnvolles an die Studierendenschaft zurück zu geben. Außerdem werde ich als angehender Psychologe nach meinem Studium immer mehr oder weniger mit Stress und seiner Bewältigung zu tun haben.
F: Wie eingangs erwähnt, befindest du dich ja „mittendrin“ im Prozess und bist gerade auch noch auf der Suche nach Teilnehmer*innen. Welche Instrumente zur Stressbewältigung können mögliche Versuchspersonen bei einer Teilnahme an deiner Studie erwarten?
A: Wer an dem Training teilnimmt, darf sich auf einen intensiven Austausch im persönlichen Rahmen mit Kommiliton*innen verschiedener Fachrichtungen freuen. Gemeinsam lernen wir unsere individuellen Stressauslöser besser kennen und suchen im Anschluss nach persönlichen Ressourcen, um ein Gleichgewicht der beiden herzustellen. Dabei liegt der Fokus auf der Aktivierung der Ressourcen. Das hat den Grund, dass Stressoren nicht immer verhinderbar oder absehbar sind.
Es handelt sich bei dem Training nicht um eine universitäre Lernsituation, sondern um Selbsterfahrung. Jede*r von uns ist Expert*in für das eigene Leben und den eigenen Stress. Ich selbst gebe da nur den Rahmen vor und werfe einige Impulse ein. Die Teilnehmer*innen bestimmen letztendlich, was im Kurs vertieft besprochen wird. Dafür ist eine Größe von maximal 12 Personen pro Kurs entscheidend, um so die persönliche Atmosphäre und mit ihr die Entwicklung individueller Stressbewältigungskompetenzen zu gewährleisten.
Wer dann noch meine Fragebögen ausfüllt, erhält vom studentischen Gesundheitsmanagement ein Affirmationstagebuch im Hardcover mit Leseanteilen zu Fokus, Werten, Schlaf, Motivation und einigen weiteren Themen sowie meine Dankbarkeit.
F: Wie viele andere Dinge in unserem Empfinden, wird vor allem auch Stress sehr subjektiv wahrgenommen. Würdest du als ein Instrument zur Stressbewältigung auch die eigene Erwartungshaltung an diesen Begriff sehen? Ich denke wir alle kennen diese eine Person, die gefühlt immer unter Stress steht, aber dies wiederum als „positiven“ Stress aufnimmt. Sollten wir dahingehend Herausforderungen öfters als Chancen sehen?
A: Wie wir über Stressauslöser und Stress nachdenken, beeinflusst ganz klar unseren Umgang mit ihnen. Dem Ausspruch von Epiktet „es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben“ kann ich aber nur bedingt zustimmen. Stress entsteht nämlich, wie wir heute wissen, in erster Linie aus zwei Bewertungen, einer ersten automatischen Bewertung (Handelt es sich bei dem Stressauslöser um eine Herausforderung, eine Bedrohung oder gar um einen Verlust) und einer zweiten bewussten Bewertung (Habe ich genügend Ressourcen um mit dem Stressauslöser umzugehen?). Fällt dieser Vergleich negativ aus, sind wir gestresst. Die erste Bewertung können wir nicht beeinflussen, die zweite allerdings schon.
Das positive Umdeuten ist dann eine mögliche Bewältigungsstrategie. Sie ist allerdings auch nur eine von vielen und nicht immer funktional. Herausforderungen etwa als Chancen zu sehen, ist erstmal auch keine schlechte Idee, allerdings ist sie nicht immer umsetzbar. Die Organisationspsychologie unterscheidet beispielsweise Stressauslöser in herausfordernde und hinderliche Anforderungen. Eine positive Umdeutung der hinderlichen Anforderungen, ständig gestört oder durch bürokratische Vorgänge aufgehalten zu werden, kann zu einer kurzfristigen Entlastung führen. Langfristig sollten diese aber, wenn möglich, behoben werden. Dies ist aber nicht immer möglich, oft stoßen wir nämlich auf Hindernisse, die unerwartet auftauchen und von uns nicht kontrolliert werden können. Letztendlich kommt es aber auch hier wieder auf die individuellen Ressourcen an: Bin ich kontinuierlich mit Anforderungen, egal ob herausfordernde oder hinderliche, konfrontiert, während mir Ressourcen für ihre Bewältigung fehlen, fühle ich mich erschöpft und erlebe mein Handeln als sinnlos.
Ressourcenaktivierung, diverse Bewältigungsstrategien und Ruhe bestimmen also maßgeblich, wie wir Stress erleben. Wer Stress positiv erlebt, bleibt in Bewegung, benötigt trotzdem aber Ausgleich. Wer ein für sich gutes Gleichgewicht findet, kann sehr viel schaffen - ohne auszubrennen.
F: Wie sieht es eigentlich bei dir aus? Welche Strategien oder Ressourcen hast du für dich entdeckt, um dem Stress zu trotzen bzw. ihn gar nicht erst aufkommen zu lassen? Ich kann mir vorstellen, dass gerade die aktuelle Zeit auch viel von dir abverlangt.
A: Stress ist für mich schon länger ein relevantes Thema. Wochen- und Tagespläne helfen mir, den Stress vorzubeugen und in einem Maß zu halten, dass mich nicht überfordert. Wenn ich mich mit akutem Stress konfrontiert sehe, gehe ich sicher, dass ich viel Ausgleich finde. Dazu gehe ich mit meinem Hund spazieren, zum Sport oder treffe mich mit Freund*innen. Auch der bewusste Verzicht auf digitale Medien wirkt sich auf mich in der Regel stressreduzierend aus, indem er mich ins aktive Handeln bringt und so Prokrastinieren verhindert.
Natürlich brauche ich auch mal Ruhe, habe aber für mich gemerkt, dass mir oftmals eine aktive Auszeit mehr hilft als ein inaktives „Chillen“. Droht mir der Stress mal über den Kopf zu wachsen, versuche ich einen Schritt zurück zu treten. Dabei erlebe ich Meditation, Sport oder das Treffen mit Freund*innen als sehr hilfreich.
F: „Practice what you preach“ scheint in deinem Fall also zuzutreffen. Generell lässt sich in den letzten Jahren auch ein starker Aufwärtstrend rund um die Themenbereiche Psychosoziale Gesundheit, Achtsamkeit und eben auch Stressprävention erkennen. Angebote und Kurse sprießen aus dem Boden, aber dennoch scheint es so, dass sich viele Betroffene nach wie vor nicht trauen eigene Probleme zuzugeben oder Hilfe zu suchen. Wo siehst du Potentiale, um Hürden zu verringern und letzten Endes genau diese Personen zu erreichen?
A: Stress betrifft uns alle. Wie auch das tägliche Zähneputzen zu gesünderen Zähnen führt, trägt eine tägliche Selbstfürsorge und Stressmanagement zu einer gesünderen Psyche und einem glücklicheren Leben bei. Gerade in der heutigen Zeit halte ich es für wichtig, sich regelmäßig daran zu erinnern. Stress ist in der Gesamtgesellschaft nämlich hoch ausgeprägt und nimmt seit Jahren zu. Bei Studierenden ist er noch stärker, was ich lange nicht wusste.
Was die Angebote angeht, handelt es sich bei den meisten im Bereich Stress um das Erlernen von Entspannungstechniken wie beispielsweise Yoga, Meditation oder Qigong und nicht um ein gezieltes Stressmanagement. Entspannung ist natürlich wichtig, um mit Stress umzugehen, aber eben nur ein Aspekt. Yoga und die anderen Angeboten sind aber nicht für jede*n etwas. Empirisch untersuchte Stressmanagementprogramme gibt es mittlerweile eine Handvoll, genutzt werden sie allerdings noch kaum. Hier sehe ich ein großes Potential, aus dem jede*r schöpfen kann.
F: Apropos Thema Hürden: Was waren oder sind für dich die größten Hindernisse und Herausforderungen bei deiner Thesis?
A: Für mich überraschend war, dass ich große Probleme bei der Rekrutierung von Teilnehmer*innen hatte. Trotz der Hilfe des SGMs und zahlreicher Werbewege konnte ich bisher nur wenige Personen für mein Training begeistern. Geeignete Räume zu finden, war ebenfalls nicht ganz problemlos.
Außerdem habe ich eine Trainerausbildung für den Kurs absolviert und war in dieser Zeit erkältet. Das war in der Tat eine Herausforderung, und ich brauchte danach viel Ruhe.
F: Wir hoffen natürlich das wir unter anderem mit diesem kleinen Blogbeitrag etwas dazu beitragen können, um deine Studie voranzubringen und zumindest eine Hürde noch kleiner werden zu lassen. Vielen Dank also, Lukas Korn, für die Bereitschaft, Rede und Antwort zu stehen. Alles Gute für deine Masterarbeit und deinen weiteren Weg!
A: Vielen Dank für die spannenden Fragen und eine schöne Weihnachtszeit.
Alle interessierten Leser*innen haben die Möglichkeit, sich über den folgenden Link weitere Informationen einzuholen und sich direkt als Teilnehmer*in anzumelden: